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Die Stadt der träumenden Bücher Teil 1: Buchhaim

Die längste Einleitung aller Zeiten:

Als ich in der achten Klasse war, hatte ich für Bücher nichts übrig. Lesen war für mich anstrengend und Zeitverschwendung. Ich war fest davon überzeugt, Buchverfilmungen wären die besseren Versionen der Geschichten.

Damals bin ich oft lange mit meinem Vater Auto gefahren und während einer dieser Fahrten packte er ein Hörbuch aus. Das Medium war mir bereits von Harry Potter Kassetten bekannt, die ich meinem Bruder geschenkt hatte, als er noch nicht so gut lesen konnte. Ich selbst hatte sie aber nicht wirklich gehört, da es sich in meinen Augen ja um langweilige Bücher handelte. Als mein Vater das Hörbuch startete, hätte ich nicht voreingenommener sein können. Ich rechnete mit vielen Sprechern und eingeblendeten Geräuschen, weil ich den Unterschied von Hörbuch und Hörspiel nicht kannte. Aber obwohl ich gar kein Bock hatte war ich nach kürzester Zeit gefesselt. Bei dem Buch handelte es sich um Die 13 1/2 Leben des Käpt’n Blaubär von Walter Moers. Die Geschichte war voll von guten Ideen und Dirk Bach hat es unglaublich gut gelesen. Von da an habe ich unzählige Hörbücher gehört und auch einige Bücher gelesen. Seitdem verginge keine Woche in der ich nicht wenigstens eine oder zwei Stunden irgend ein Buch gehört habe. Ob beim Zocken, Zug oder Auto fahren, wenn man nicht aktiv zuhören oder sich sehr auf eine Sache konzentrieren muss, habe ich ein Hörbuch an. 
Keine Hörbücher habe ich so oft gehört und keine Bücher habe ich so oft gelesen wie die von Moers. Normalerweise lese ich Bücher die ich bereits gehört habe nicht nochmal. Bei Moers sieht das Ganze anders aus. Die Bücher sind voll von Zeichnungen und Spielereien mit Schrift wie ich es so noch nirgendwo sonst gesehen habe. Aber auch die von Dirk Bach gelesenen Hörbücher sind nochmal ein Erlebnis für sich. Die Top 3 meiner Lieblingsbücher setzt sich ausschließlich aus den Moers Büchern Die 13 1/2 Leben des Käpt’n BlaubärRumo und Die Stadt der Träumenden Bücher (Nicht in der Reihenfolge) zusammen. Ihr könnt euch also vorstellen, wie sehr ich mich auf die Graphic Novel Umsetzung von einem dieser Bücher gefreut habe. 


Story:

Hildegunst von Mythenmetz ist ein Lindwurm und lebt auf der Lindwurmfeste. Anders als man vielleicht denkt sind Lindwürmer keine wilden Bestien, sondern zum Großteil Schriftsteller die in ganz Zamonien (Der Kontinent auf dem alle Romane von Moers spielen) beliebt sind. Die Lindwürmer sind mit so viel Hingabe Schriftsteller, dass sie sehr früh in ihrem Leben einen Dichtpaten bekommen. Ein älteren Autor der sein Patenkind auf dem Weg zum Schriftsteller begleitet, leitet und unterstützt. Leider liegt der Dichtpate des Protagonisten bereits am Anfang im Sterben. Auf dem Totenbett vermacht er seinem Schützling ein Manuskript, welches das Leben von Hildegunst angeblich verändern soll.
Hildegunst tut das Ganze natürlich als das Gebrabbel eines Sterbenden ab und ist deshalb um so überraschter als er es liest. Er begibt sich unverzüglich nach Buchhaim um den Autor zu finden. Mit Buchhaim treffen wir dann auf den eigentlichen Star der Geschichte. Eine Stadt die buchstäblich auf Büchern erbaut ist. Alles dreht sich um das geschriebene Wort und Autoren sind wie Rockstars. Unter der Stadt sind Katakomben voll alter Bücher und merkwürdigen Wesen. Im Grunde geht es in der Geschichte um die Suche nach dem Autor des Manuskriptes. 

Meine Meinung:

Ich mag die Zeichnungen von Moers. Sie erfüllen ihren Zweck und geben einem einen Eindruck davon wie er sich das ganze vorstellt. Sie waren nur nie so richtig “schön”. Bei der Graphic Novel sieht das ganze anders aus. Die ist so unfassbar schön gezeichnet, dass ich es manchmal kaum fassen konnte. Manche Panels sind so voller Details, dass ich sie mir minutenlang angesehen habe. 
Die Vorlage zeichnet sich vor allem durch ihre Liebe zu Büchern aus. Was Moers da mit Buchhaim geschaffen hat, ist das Paradies für Bibliophile. In diesem Band kommt das zwar rüber, aber natürlich nicht so stark wie in einem Roman der sich in mehrere Seiten langen Beschreibungen von allen Kleinigkeiten verlieren kann. Allerdings findet man allerlei Dinge aus dem Buch (und aus anderen) in den Hintergründen der Bilder wieder.
Obwohl alle wirklich wichtigen Handlungspunkte hier auftauchen und man der Story auch problemlos Folgen kann, ohne die Vorlage zu kennen, haben alle die das Buch kennen mehr davon. Zu sehen, dass vieles genau so umgesetzt ist, wie ich es mir beim Lesen vorgestellt hatte, oder wie Dinge dargestellt werden, die ich mir nicht vorstellen konnte, war fantastisch. Besonders im zweiten Teil, hatte ich aber das Gefühl, dass manche Punkte zu schnell abgehandelt werden. Ein Gefühl von Bedrohung, wie im Buch, kommt so nicht so richtig auf. Dass kann allerdings auch daran liegen, dass ich ja bereits weiß wie die Situationen aufgelöst werden. 
Alles in Allem ist das der mit Abstand schönste “Comic” den ich besitze und ich kann den zweiten Teil kaum erwarten. 
Ich hoffe inständig, dass der Band erfolgreich genug ist, um auch andere Graphic Novels möglich zu machen. Ein Rumo oder eine Umsetzung vom Blaubär in dieser Qualität würde ich sehr gerne sehen. Allerdings fürchte ich, dass besonders der Blaubär mehr als 2 Teile bräuchte. 
Also wenn ihr die Vorlage kennt kauft es euch, es wird euch sehr wahrscheinlich gefallen. Falls ihr die Vorlage nicht kennt, solltet ihr daran schleunigst etwas ändern. Solltet ihr nicht vor haben das Buch zu lesen/hören guckt euch die Graphic Novel an. Es ist eine echt gute Geschichte, die phantasievoller ist als 90% von dem was es sonst so gibt und es verdient gelesen zu werden, egal in welcher Form.
Als Bonus gibt es nach der Geschichte noch einige Seiten auf denen Begriffe Charaktere und Dinge kurz erklärt werden wie in einem Lexikon. 

Wertung:

Einsteigerfreundlichkeit: 10/10
Story: 9/10
Zeichnungen: 10/10