Comics Neueinsteiger

Liebe auf Iranisch

Als ich mit dem Comiclesen anfing, war ich schnell überrascht wie viele gute und erwachsene Geschichten es gibt. Liebe auf Iranisch legt noch eine Schippe drauf. Eine Dokumentation in Comicform, die ein Thema behandelt, das viel ernster ist, als ich vorher dachte.

© Splitter Verlag

Eckdaten:

Autor: Jane Deuxard
Zeichner: Deloupy
Preis: 19,80 €
Seiten: 144
Verlag: Splitter 

Worum gehts?

Es geht um zwei Journalisten, die in den Iran reisen und dort mit den Menschen reden. Klingt simpel, ist aber deutlich interessanter als erwartet. Da Journalisten im Iran nicht willkommen sind, geben sie sich als Touristen aus und müssen sehr vorsichtig sein. Das Leben im Iran unterscheidet sich signifikant von unserem Leben in Deutschland. Viele Dinge, die für uns selbstverständlich sind, sind hier verboten und werden hart bestraft. Der Comic besteht aus vielen Interviews, die in Comicform visualisiert werden. 

Meine Meinung:

Ich habe mich bisher überhaupt nicht mit dem Iran auseinandergesetzt. Ich wusste zwar, dass es in anderen Ländern weniger Freiheiten und andere Regeln gibt, allerdings war mir das Ausmaß nicht ansatzweise klar.
Mädchen die auf einer Party waren und von der Polizei erwischt werden müssen Jungfräulichkeitstests machen und kommen vor Gericht. Paare denen vorehelicher Geschlechtsverkehr vorgeworfen wird werden eingesperrt und müssen Heiraten, oder sich die Hände abhacken lassen. 
Von solchen großen Regeln, die das Leben erschweren gibt es einige, aber auch die Kleinigkeiten haben es in sich. Frauen dürfen in Cafes nicht Rauchen, Musik (die nicht religiös ist) ist verboten, Pärchen dürfen nicht mal die Hand des anderen halten. 
Um diese ganzen Regeln durchzusetzen gibt es sogar eine Sittenpolizei, die beinahe immer präsent ist. Weil das aber noch nicht reicht gibt es auch noch Zivil gekleidete “Spitzel” die für ein permanentes Gefühl der Überwachung sorgen.
Der Comic vermittelt ein eigenartiges Gefühl beim Lesen. Die ganzen Regeln sind so extrem, dass ich anfangs immer wieder das Gefühl hatte Fiktion zu lesen. Es fühlt sich an, wie viele Filme und Bücher bei in denen anfangs ein völlig übertriebenes Regime vorgestellt wird, das Liebe, Musik, freie Meinung und jede Form der Entfaltung verbietet. Dazu natürlich die permanente Überwachung und völlig übertriebene Strafen. Man wartet ein bisschen darauf, das die Rebellen sich formieren und das Regime stürzen. Wer in den letzten Jahren Nachrichten gesehen hat, kann sich denken wie die Chancen stehen, dass sowas passiert. 
Aber auch Stimmen die mit dem System kein Problem haben werden gezeigt. Ich war überrascht, dass der größte Fan der Umstände, der hier gezeigt wird, eine junge Frau ist. Das überrascht, weil die Jugend und Frauen eigentlich die Gruppen sind, die am meisten unter dem Regime zu leiden haben. Aber ihre Sicht der Dinge war durchaus interessant.
Die Zeichnungen sind übrigens völlig anders, als alles was ich sonst lese, passen aber super zu dem Inhalt. 
Es ist ein wahnsinnig deprimierender Comic, der auch kein Happy End bieten kann, da es keine Fiktion ist. Man sollte ihn aber trotzdem unbedingt lesen. Einfach um einen kleinen Einblick zu bekommen, wie das Leben aussehen könnte wenn man an einen anderen Ort geboren worden wäre. Ein Comic nach dem man vielleicht nicht fröhlicher, aber dafür etwas klüger ist als vorher.
Außerdem eignet er sich perfekt, um ihn auch mal Leuten in die Hand zu drücken, die noch nichts mit Comics anfangen konnten, oder Comics für ein kindisches Medium halten. Ich werde ihn dieses Jahr definitiv einigen Leuten ans Herz legen.

Wertung:

Informativ: 10/10
Einsteigerfreundlichkeit: 10/10
Story: X
Zeichnungen: 6/10